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Thorens TD 124 – Eine analoge Wiedergeburt

Vom Schraubstock ins Wohnzimmer – die Wiedergeburt eines Klassikers
Ein Thorens TD 124, drei Länder, unzählige Stunden Präzisionsarbeit – und am Ende ein Laufwerk, das nicht mehr gehen darf. Bernd Kreis erzählt, wie aus einem Restaurationsprojekt ein Herzensstück wurde.

Es begann mit einer Idee – und endete in einer Liebe. Der Thorens TD 124 ist einer der großen Klassiker der HiFi-Geschichte. Gebaut zwischen 1957 und 1968, steht er bis heute für Präzision, Langlebigkeit und eine Klangqualität, die ihresgleichen sucht. Doch ein Laufwerk, das über sechzig Jahre alt ist, verlangt Zuwendung. Und zwar die richtige.

Zerlegen, sortieren, verstehen

Zunächst wurde das komplette Laufwerk in seine Einzelteile zerlegt. Jedes Teil wurde dokumentiert, gereinigt, geprüft und sorgfältig verpackt. Jahrzehnte altes Öl, verharztes Fett und Staub wurden mit Waschbenzin, Isopropylalkohol und Geduld entfernt – eine Grundreinigung, wie sie der TD 124 seit Jahrzehnten nicht mehr erlebt hatte.

Der Motor: Herzstück mit Feinarbeit

Der Motor war zunächst vielversprechend – aber im Dauerbetrieb kam es zu Drehzahlschwankungen. Die Diagnose kam von Simone Lucchetti (Audiosilente, Rom): Die Induktionsspulen waren am Ende ihrer Lebensdauer. Also: alte Spulen raus, neue rein – samt präziser Justage, tagelangem Probelauf und anschließender Lagerfeinabstimmung durch minimales Verschieben der Gehäusedeckel. Das Ergebnis: ein Motor, der nahezu lautlos und absolut stabil läuft.

Auch das Netzkabel wurde durch eine Spezialanfertigung ersetzt: hochwertig abgeschirmt mit Ferritpaste gegen hochfrequente Störungen, optisch im Vintage-Look mit Basaltgeflecht – technisch wie ästhetisch eine echte Aufwertung.

Die Zarge: Schicht für Schicht zur Stabilität

Die ursprüngliche Zarge war unbrauchbar – also wurde aus CNC-gefrästem Outdoor-MDF eine neue aufgebaut. Juri Ebel, Spezialist für Lautsprechergehäuse, lieferte die präzise geschnittenen Einzelteile. Nach dem Verleimen wurden Hohlräume mit Bleischrot zur Bedämpfung gefüllt. Schleifen, Filtern, Lackieren – Schicht für Schicht entstand ein solides, resonanzarmes Fundament. Die Füße: RDC-Spikes von Clearlight Audio – klarer Gewinn in Dynamik und Kontur.

Die Mechanik: Lager, Reibrad, Präzision

Der Austausch der Sinterbronze-Lagerbuchsen im Stufenrad erwies sich als Herausforderung: Die neuen Teile von Audiosilente waren zu präzise für das alte Chassismaß – und mussten per Hand angepasst werden. Auch das Tellerlager erhielt neue Lagerbuchsen (Riverside Audio, Schweiz), samt polierter Achse, massivem Messingboden und einer kugelrunden Krönung: einer Lagerkugel aus Saphir. Das Ergebnis: absolut leichtgängiger, flüsterleiser Lauf.

Ein neues Reibrad von Audiosilente, ein hochwertiger Riemen und die Silikondämpfer für Motor- und Chassislagerung rundeten die mechanische Seite ab.

Tonarm, System, Musik

Zunächst spielte das Laufwerk mit einem SME 3009 Arm und Shure V15 III – eine historisch passende Kombination mit feinem Klang. Doch schnell folgte die Aufrüstung: Der AB 309 von Alfred Bokrand, basierend auf dem Ortofon AS 309, wurde montiert. Das Tonarmboard stammt von Konne Design und besteht aus Corian – klanglich überzeugend und optisch eine perfekte Ergänzung.

Gespielt wird wahlweise mit einem modifizierten Denon DL 103R oder einem in Handarbeit gefertigten Tonabnehmer von Masashi Miyake (Vinyl Audio Laboratory, Tokio) – inspiriert vom legendären Neumann DST.

Fazit – oder erst der Anfang?

Der Klang des restaurierten TD 124 ist eigenständig, unmittelbar, voller Leben. Nicht vergleichbar mit späteren Thorens-Modellen, auch nicht mit anderen Reibradlaufwerken wie dem Lenco L75. Der TD 124 hat seine ganz eigene Stimme.

Das Laufwerk war eigentlich für den Einsatz im High Fidelity gedacht. Doch meine Frau hat sich sofort in ihn verliebt – und kurzerhand entschieden: Der TD 124 bleibt im Wohnzimmer. Vorerst. Vielleicht.

Natürlich wird weiter getüftelt, angepasst, verfeinert. Denn so ein Projekt endet nie wirklich. Aber jetzt, in diesem Moment, spielt der TD 124 genau so, wie es gedacht war. Und das ist vielleicht das Schönste an der analogen Welt: Man hört, was man tut.

 

Über den Autor


Sommelier Bernd Kreis ist Inhaber und Geschäftsführer der Weinhandlung Kreis und des High Fidelity. Im High Fidelity kombiniert er seine drei Leidenschaften: Wein, peruanische Kulinarik und Kultur sowie Jazzmusik in perfekter Wiedergabequalität. Hier finden Sie regelmäßig Information über die Wiedergabekette im High Fidelity, die Bernd Kreis mit liebevoller Detailversessenheit konzipiert und umgesetzt hat.